Kiel vor Rio vorletzte Übungs- und Teststation für Philipp Buhl und sein Team. Buhl führt Weltrangliste an.
Verabschiedung der Deutschen Olympia-Mannschaft nach Brasilien.
Nun ist es wieder soweit: Die Kieler Förde ruft zur traditionellen und größten Regatta der Welt. Bei keinem anderen Segelevent laufen innerhalb einer guten Woche so zahlreiche Wettfahrten in so vielen Klassen ab. Neben großem Volksfest steht dann alles unter dem Stern des Segelns. Das Besondere besteht zudem darin, dass sich während dieser Tage ambitionierte Breitensportler, Nachwuchssegler und die Profisegler der olympischer Klassen begegnen.
Für Philipp Buhl gehört die Kieler Woche (KiWo) aus Sicht der Ranghöhe nicht zur wichtigsten Regatta. Doch gewissermaßen ist sie für ihn persönlich doch außergewöhnlich bedeutsam. Kieler Woche ist eben der höchstkarätige Wettkampf im eigenen Land, sozusagen vor der Haustüre der Wahlheimat Kiel des Allgäuers. Buhl ist hier unabhängig von seinem Abschneiden gefragt wie kaum ein anderer. Das ist schön für ihn, bedeutet mitunter aber auch gehörig Zeitstress und damit gleichzeitig eine willkommene Übung für Brasilien. Im Interesse des über allem stehenden Erfolgs gilt es eben, sich erstrangig optimal auf das Wettkampfrelevante zu konzentrieren.
Nachdem der KiWo-Hattricker 2012 / 2014 letztes Jahr auf seinem Heim-Trainingsrevier nicht am Start sein konnte, sieht er heuer in verschiedenen Hinsichten eine vorletzte Team-Abstimmungsmöglichkeit, verbunden mit gewissen Testphasen für das Event aller Events im August. Die Formkurve des Sonthofner Sportsoldaten stimmt. Sein zwar unglücklicher aber dennoch leistungsstarker WM-Verlauf (obwohl "nur" 8.), der Weltcupsieg in Frankreich sowie die aktuelle Führung im ISAF-Worldranking ( Gratulation ! ) belegen dies und verleihen ihm Selbstbewußtsein.
Die olympischen Klassen starten in diesem Jahr ausnahmsweise in der zweiten KiWo-Halbzeit, von Mi./ So., 22./26. Juni. Einen Tag vor ihrem ersten Einsatz wird die Deutsche Olympia-Mannschaft festlich und sicherlich mit den denkbar besten Erfolgswünschen offiziell nach Rio de Janeiro zu den Olympischen Sommerspielen verabschiedet.
(Kiel / Ostsee, Deutschland, 22./26.06.2016 (Text: Friedl Buhl; Bilder: Jens Hoyer, F. Buhl ))Kieler Woche, 1.+2. Tag (Mi./Do., 22./23.06.) Qualifying-Races (1 bis 5)
Auftakt und Erfolgsfortsetzung nach Maß
Auch wenn bei der Kieler Woche die Weltspitze nicht am Start ist, heißt es für einen Weltklassesegler wie Philipp Buhl: Aufpassen, die Konkurrenz nicht auf die leichte Schulter nehmen. So ist ihm insbesondere der für Ungarn gemeldete Jonatan Vadnai bisher beeindruckend nahe an den Fersen geblieben.
Mit einem Auftaktsieg und einem anschließenden vierten Platz positionierte sich der Allgäuer nach dem Geschehen des ersten Tages auf Rang zwei. Damit hinter Vadnai. Für ungewöhnlich viele Segler gab es in der ersten Wettfahrt eine Frühstart-Disqualifikation. Hauptproblem war wohl auch ein Schiebestrom beim Start, den offensichtlich viele nicht so recht zu beherrschen wussten.
Am zweiten Tag hatten die Segler ihre Kämpfe erneut bei leichtem bis maximal mittlerem Wind auszutragen. Für Buhl wäre es wahrscheinlich ein leichteres und vermutlich auch sympathischeres Spiel, würde der Wind etwas mehr zulegen. Gerade deshalb mag er durchaus auch die leichten und schwachen Winde. Denn er weiss, ein kompletter Segler muss unbedingt mit der gesamten Bedingungenpalette bestens umgehen können. So gelangen Buhl auch bei den Leichtwindverhältnissen zwei Wettfahrtsiege und ein fünfter Platz. Er schiebt sich damit um eine Position nach vorne, auf Rang eins der Zwischenwertung. Gefolgt von Vadnai und Anders Karlsson aus Schweden. Von den deutschen Nachwuchsseglern kamen bisher Nik Aaron Willim (5.) und Buhls Trainingspartner Theodor Bauer (7.) am besten zurecht.
Kieler Woche, 3. Tag (Fr., 24.06.) Finaleserie-Races 0 (gesamt 5)
Wind lässt Segler im Stich und nur üben
Trotz umfangreicher Aktivitäten bleibt an den Resultaten alles exakt beim Alten. Nach anfänglichem Abwarten wegen angeblicher Gewittergefahr schickt der Wettfahrtleiter die Laser dann doch noch auf die über 7 km entfernte Bahn KILO. Der Wind ist leicht, teils schwach aber noch segelbar. Problem stellen vielmehr häufige und zu starke Dreher dar. So beendet der Wettfahrtleiter das erste Rennen unweit vor dem ersten Zieldurchgang. Philipp Buhl hätte diese Wettfahrt etwa als Fünfter beenden können, was bei solch wackeligen Leichtwindbedingungen natürlich voll in Ordnung gewesen wäre.
Dannach folgen noch drei weitere Startversuche. Doch der Wettfahrtleiter will die immer wieder kräftigen Dreher bereits in der Startphase im Interesse der Fairness nicht akzeptieren. Eine gewertete Wettfahrt kam nicht mehr zustande. Das Tagesgeschehen lässt sich mit dem hier etwas angepassten Sprichwort, „Außer Abwarten und Spesen nichts gewesen.“ treffend zusammenfassen.
Ergebnisse nach 3. Tag, 5 Wettfahrte
Kieler Woche, 4. Tag (Sa., 25.06.) Finaleserie-Races 3 (gesamt 8)
Zum Final seine Schäfchen ist Trockene gebracht
Der Wettergott sorgt heute für Ausgleich. Ab Halbzeit über drei Wettfahrten lässt auffrischender Wind und wachsende Welle die Seglerherzen höher schlagen. Zum Überfluss mischten sich regelmäßig wiederkehrende Regenschübe mit Auswirkungen auf den Wind und die Stimmung von Seglern und Betreuern. Doch nichts, weder das Pisswetter noch die Konkurrenz, vermochten Philipp Buhl daran zu hindern, seine Schäfchen zielstrebig ins Trockene zu treiben.
Der dreifache Kieler Woche-Seriengewinner segelt heute mit beeindruckender fortgesetzter Leistungskonstanz, mit den Plätzen 4, 1 und 2 zur Tagesbestleistung. Dabei führte Buhl kein sehr eifriges Startverhalten vor. Er mied die Hektik und Gefahren in den Pulks im Bereich der bevorzugten Startlinienseiten. Er verschenkte in der zweiten Wettfahrt gar Bootslängen beim Starten. Jedoch an der ersten Luvmarke tauchte er trotzdem stets an einstelliger Position auf. Ab hier hat sich der Vorderteil des 59 Boote starken Goldfleets stets schon gelichtet. Die Schnellsten sind hier bereits unter sich. Aber alle kämpfen – bis zum Letzten.
Beim Dominator fällt auf, dass er sich unter den Schnellen stets noch weiter vorsegelt. In der Tagessumme verbucht der Allgäuer ohne irgendein Anzeichen eines Einbruches die Punktzahl sieben. Einen Patzer hat es bei ihm auch in den Wettfahrten davor nicht gegeben. Buhl streicht zum Abschluss der achtteiligen Fleetrace-Serie einen 5. Platz als schlechtestes Ergebnis und führt damit die KiWo 2016 vor dem morgigen Finale unangefochten an.
Die weiteren Ränge belegen der Führende des ersten Tages, Jonatan Vadnai (2., Ungarn), Giovanni Coccoluto (3. Italien), Nik Aaron Willim (4., Deutschland) und Sergey Komissarov (5., Russland). Philipps Trainingspartner Theo Bauer kam nach seinem Sieg in der ersten Wettfahrt aufgrund eines anschließenden Frühstarts und einer nur mäßig guten Platzierung (30.) in der Schlusswettfahrt vom Erfolgskurs ab. Das heiß ersehnte Finale der Top Ten bleibt ihm daher leider verwehrt.
Ergebnisse nach 4. Tag, 8 Wettfahrten
Kieler Woche, 5. Tag (So., 26.06.) Medalrace (gesamt 9 Races)
Philipp gewinnt Kieler Woche und wird allen Erwartungen gerecht
Im Finale-Fight der Top Ten-Gruppe hätte ihm auch ein hinterer Platz zum Gesamtsieg gereicht. Sich damit zu begnügen, würde jedoch nicht Buhl entsprechen. Er wollte sicher ein gutes Medalrace abliefern und dieses als eine weitere Übungsgelegenheit angehen.
Genau so verlief auch das Finale auf der TV-Bahn der Kieler Innenförde am Schluss und Höhepunkt des letzten KiWo-Tages.
Buhl setzt nicht auf eine Seite. Er nimmt die Entwicklung des sich aufteilenden Bootfeldes beobachtend und kontrollierend ins Visier. Dabei muss er alle ihm verfügbaren Wettkampfwerkzeuge voll wirksam einbringen. Andernfalls droht im Handumdrehen der Verlust der Schlagdistanz.
Der im Moment fest im Führungssattel der Gesamtwertung sitzende Allgäuer rundet als Sechster im Luv, verbessert um eine Position auf der zweiten Kreuz. Im Endspurt auf dem letzten Teilkurs unter Vorwind Richtung Ziel schafft er es auch noch, den Spanier Joel Rodriguez und Michael Hansen (Dänemark) zu überholen. Buhl somit auf zweiter Position. An den führenden Russen Sergey Komissarov kommt er um fünf Bootslängen nicht mehr heran. Kein Problem für Buhl, Freude für Komissarov, dem dies die Bronzemedaille einbringt. Zweiter wird Giovanni Coccoluto (Italien).

Liebe Leser, das war’s von der “Kieler Woche 2016”.
Danke für euer Interesse.
Euer Berichtverfasser
Friedl Buhl
Aus Kiel Schilksee herzliche Grüße an alle meine Partner und Förderer, Fans und Gönner sowie meine Freunde und Bekannten und natürlich nicht zuletzt an alle meine treuen Daumendrücker aus dem Segelclub Alpsee Immenstadt (SCAI).
Danke für ihr eure Besuche auf meiner Webseite und meinem Facebook.
Mit dem Verlauf in Kiel bin ich sehr zufrieden. Weiter geht es im Juli zu einem letzten Testen auf dem olympischen Revier vor Rio de Janeiro.
Euer Segler
Philipp Buhl