Strafe für nur 1 Meter zu weit: "Nur" 9. statt WM-Bronze.
Philipp: „Das macht mich traurig“
(Sakaiminato / Japan, 27.06. / 02.07.2019 -- Text ©: Von Friedl Buhl, Bilder ©: (siehe Bildangaben))
Die Laser-Weltmeisterschaft vor Sakaiminato (Japan) sollte für Philipp Buhl trotz stabil guten Leistungen mit einer bitteren Pille enden. Alles musste bei ihm am Abschlusstag bestens verlaufen, um vom fünften Zwischenrang das Podest nochmals zurückzuerobern. Jeder Medaillenrang war noch möglich, selbst der Titel. Dieser allerdings nur, wenn der führende Australier, Olympiasieger Tom Burton, bei den letzten zwei Wettfahrten zumindest mittelmäßig patzt. Im Goldfleet kann dies erfahrungsgemäß schnell passieren, wohingegen ein Topresultat aufgrund der hohen Leistungsdichte einen besonders hochwertigen Erfolg darstellt.
Philipps Freude herrscht nur kurz und findet mit einer Mitteilung der Wettfahrtleitung ein jähes und schmerzliches Ende. Frühstart, hieß es. Und damit Aberkennung seines Sieges mit Höchststrafe von 53 Punkten statt 1 Punkt. Für Philipp auf’s erste schockierend: „Kaum zu glauben. Dann kann es wohl extrem knapp gewesen sein.“ Das gleiche Schicksal trifft auch seinen daneben gestarteten Kaderkollegen Nik Aron Willim, was seinen hervorragenden zweiten Platz entwertete. Nebenbei betrachtet: Ein deutscher Doppelsieg bei einer WM-Wettfahrt in der olympischen Laser-Klasse, das wäre ein absolutes Novum gewesen. (Mehr dazu im anschließenden Kommentar.)
Bemerkenswert ist vor allem seine Konstanz guter einstelliger und unterer zweistelliger Teilergebnisse (der Reihe nach: Qual.-Serie: 6., 10., 2., 5., 7., 3.; Final-Serie: 7., 14., 31., 10., 53., und 11.). Vom 53. Platz bzw. der Disqualifikation abgesehen, gab es mit dem 31. Rang nur einen mittelmäßigen Patzer. Dies restlos zu vermeiden, ist extrem schwierig. Es gibt i. d. R. und auch bei dieser Regatta keinen Athleten ohne ein bis zwei ähnlich belastende Ausrutscher. Philipps Niederschlag war seine Disqualifikation, der 53. statt dem 1. Platz. Sein illegaler Vorsprung von ca. nur 1 m über der Linie stellte für ihn praktisch keinen Vorteil dar und für keinen Segler auch nur den geringsten Nachteil dar.
Der neue Weltmeister heißt Tom Burton (Australien). Er entthront den Cyprioten Pavlos Kontides (18.)
Begründung:
- Die Videokontrolle, wie sie bei dieser WM und sonst vielfach eingesetzt wurde und wird, erfasst einen Großteil der Segler entfernungsbedingt nur sehr ungenau und teils gar nicht. Unter Umständen nur ganz wenige, wenn ein besonders eifriger Frühstarter nahe am Startschiff mit seinem Segel die Blickpeilung versperrt.
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GPS-Tracker, welche bei wichtigen Regatten (aus anderen Gründen als die Startkontrolle) auf jedem Boot installiert sind, messen je nach Technik und Empfangsqualität auf 1 bis 3 m genau. Mehr Genauigkeit ist mit besserer Technik möglich, aber letztlich gar nicht unbedingt nötig. Leider oder vermutlich werden sie offensichtlich nicht oder nicht konsequent für die Startkontrolle eingesetzt, obwohl sie prinzipiell für jedes Boot eine gleichermaßen klare und genaue Beurteilung zuließen.
- Die angewandten Praktiken führen nicht selten zu Feststellungsfehlern. Somit kann es zu schwerwiegenden Ungerechtigkeiten kommen. Vor allem dann, wenn es um viel geht, etwa um Medaillenränge bei WM oder gar olympischen Regatten, um Plätze bei Kriterium-Wettkämpfen usw. Dies kann durchaus zwischen bitterem Ende oder erfolgreichem Weitergang von Sportkarrieren den Ausschlag geben.
Nun ein Blick auf das aktuelle WM-Geschehen:
Trotzdem kam es Mess- bzw. Auswertungs-methodisch bedingt zu Fehlern. Dies zumindest in der Goldfleet-Wettfahrt Nr. 11. So wurde beispielsweise das erste Boot am Startschiff nicht als Frühstarter erkannt und blieb jedenfalls als Startsünder unbestraft. Der Bug des Bootes war nicht im Bild der Kontrollkamera und blieb daher fälschlicherweise unbeachtet. Eine simple geometrische Abschätzung zeigt aber ganz klar – wie übrigens das GPS-Tracking auch - dass der Engländer nicht weniger knapp die Startlinie verletzt hat wie die beiden Deutschen, die schließlich mit einer BFD die schmerhafte Höchststrafe einstecken mussten.
Die Lösung des Problems könnte in einem redundanten Auswertungssystem aus zwei Videokameras (für Nah- und Fernaufnahme) in ausreichender Höhenlage plus (im Zweifelsfall) Auswertung gemäß GPS-Tracking sein. Zudem müsste die Genauigkeitstoleranz auf minimal ca. 2 m festgelegt werden. Denn erhebliche Fehler werden / würden dadurch begangen, die Feststellung genauer herauszulesen als das Messystem überhaupt leisten kann.