Philipp verliert den Endkampf und steht trotzdem auf dem Podium
(Palma de Mallorca, 04./09.04.2022 -- Text: Friedl Buhl, Bilder ©: (siehe Bildangaben))
Die Saison beginnt für Philipp Buhl mit einem schönen und das Selbstvertrauen stärkenden Erfolg. Der Sonthofer erkämpfte vor Palma de Mallorca bei der ersten Runde der Sailing Worldcups und sehr guten Bedingungen den 3. Platz. Am Start war die gesamte Weltelite aus 163 Booten aus 52 Nationen.
Spannend und dramatisch verlief das Finale. Nach zehn Wettfahrten über fünf Tage lag der Laser-Weltmeister vom Immenstädter Segelclub (SCAI) und Norddeutschen Regattaverein (NRV) auf Platz 2. Sein gewagter Plan, dem bis dahin führenden Engländer unter glücklichen externen Umständen und hohem eigenen Risiko den Gesamtsieg doch noch wegzuschnappen, ging nicht auf. Das akzeptierte hohe taktische und strategische Risiko führte letztendlich auch zum Verlust der relativ sicher bereits in seinen Händen liegenden Silbermedaille. Sie ging nach Australien. Philipp hatte dies mit einkalkuliert, nach seinem Grundsatz: „Verteidigung ist nicht das Mittel zum Gewinnen.“ Nun gibt er sich „... zufrieden mit der Bronze-Medaille“. Was ein akzeptabler Trost für die schmerzliche Pechsträhne am Schluss ist.
Rückblick
Im Jahre 2009 startete der damals 19-Jährige Junior Philipp erstmals bei der traditionellen Weltcup-Regatta vor der Südwestküste der Baleareninsel. Damals beendete der nach oben strebende Nachwuchssegler und zunächst Neuling in der Erwachsenen-Weltelite als 37. Und dies auf Anhieb in der leistungsstarken Goldflotte – sehr beachtlich für den Anfang.
Nicht jedes Jahr ließ der Terminkalender die ihm zunehmend liebgewordene Teilnahme zu. Sechs Jahre später (2015) gelang dem Oberallgäuer beim spanischen Weltcup der Triumph: Er gewann die „Princesa Sofia Trofeo“ unter der Konkurrenz von über 160 Booten aus 51 Nationen. Philipp: „Ich erinnere mich noch gut und gerne daran. Auch an die ehrwürdige Siegerehrung. Von der spanischen Königin Sofia den Siegerpokal überreicht zu bekommen.
Zurück ins aktuelle Jahr 2022
Zwischenzeitlich zählt die spanische Weltcup-Regatta-Serie ihr 51. Aufgebot für die zehn olympischen Segelklassen. Und natürlich ist der Weltmeister vom Segelclub Alpsee-Immenstadt / Norddeutscher Regattaverein mit hoher Zielsetzung angetreten.
Der Auftakt mit zwei Qualifying-Wettfahrten ließ mit einem Wettfahrtsieg und 2. Platz keine Wünsche offen. Zufrieden äußerte Philipp: „Für’s Selbstvertrauen ist ein guter Einstieg gut. Zumal für den ersten Saisons-Weltcup und nach Winterpause. Und als Führender durchs Ziel zu segeln ist immer etwas Besonderes.“
Auch am zweiten Tag überzeugte Philipp mit den Platzierungen 2. und 7. Damit qualifizierte er sich als Viertbester für das Goldfleet des besten Drittels (55 Boote). Vorne reihten sich ein: Michael Beckett (1., England), Pavlos Kontides (2., Zypern) und Jean-Baptiste Bernaz (3., Frankreich).
Bernaz übernahm am Folgetag die Führung und konnte leider aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter teilnehmen.
Ab jetzt in der geballten Konkurrenzdichte
Gleich am ersten Tag der Finalserie gelang dem Sonthofener ein 2. Wettfahrtsieg, allerdings neben einem ersten Ausrutscher (21.). In der nun deutlich erhöhten Leistungsdichte der Goldflotte kann das schnell geschehen, ist aber noch kein Beinbruch. Das belegt auch, dass trotzdem eine Verbesserung auf den 2.
Platz gesamt möglich war.
Philipps Erfolgspfad verlief auch in den zwei Folgetagen mit noch vier Final-Wettfahrten auf hohem Niveau. An jedem Tag erzielte er ein Top-Ergebnis, einen dritten Wettfahrtsieg sowie 2. Platz und behauptete sich fortlaufend auf der zweiten Position der Zwischenbilanz. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass neben den großartigen Resultaten täglich ein gewisser Dämpfer hinzukam, einen 23. (späteres Streichergebnis) und ein 11. im zehnten und letzten Fleetrace).
In Führung lag bis dato Beckett vor Philipp (2., +11 Punkte), Matt Wearn (3. ,+16 P., Australien, Thomas Saunders (4., +36 P., Neuseeland) und Finn Lynch (5.,+42 P., Irland). Medaillenhoffnungen für das noch ausstehende Finale (Medalrace) bestanden nicht mehr für den amtierenden Weltmeister Saunders, Vizeweltmeister Lynch und die weiteren fünf Medalrace-Teilnehmer. Auch der amtierende Olympiasieger Wearn konnte Gold nicht mehr erreichen. Sehr wohl aber Philipp, der Weltmeister von 2019. Allerdings nur mit einer guten Portion Glück und andererseits ungünstigem Verlauf seitens seiner Hauptrivalen. Beckett hatte eben mit – 11 Punkten einen recht satten Punktevorsprung.
Philipp hätte sich – aber es ist natürlich viel einfacher gesagt als getan – ohne einen seiner zwei vorangegangenen 'Patzer-Wettfahrten' wenigstens in die Top Ten bringen müssen, um seine Chancen für den Gesamtsieg zu erhöhen.
Finale – dramatischer Kampf um die Medaillenverteilung
Der Wettergott ließ sich nicht lumpen und bescherte auch für den Schlusstag und das doppelt zählende Medalrace der besten Zehn exzellenten Segelwind. An den Bedingungen sollte es nicht liegen. Eigentlich auch nicht an Philipps Taktikplan und Segelkünsten, dass die Finalwettfahrt mit einem enttäuschenden 10. Platz bitter endete.
Gegen Ende des ersten von zwei Kreuzkursen sieht es für Philipp so aus, als könnte sein hoch gestecktes Ziel evtl. aufgehen: Wearn (1. bis dahin), Beckett (9.), Philipp (3.). Er hat mit einem Punkt Vorsprung bereits die Hand an Gold.
Zu schön wohl, um wahr zu bleiben. Das Geschehen um den spannenden Edelmetall-Kampf bleibt hochdynamisch. Das Blatt wendet sich wieder zugunsten des Engländers. Philipp muss jetzt absolutes seglerisches Vollgas geben und dabei insbesondere auch auf die Gunst des Windverhaltens hoffen. Letzteres bedeutet jedoch meist hohes Risiko und das über einem schwebende Damoklesschwert.
Der Windgott überraschte Philipp ca. 250 m vor der zweiten Luvmarke. Ein starker, unerwarteter Wind-Linksdreher um über 20°, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Denn Philipp war auf Kurs von rechts. Desaster! Jetzt war alles verloren. Er hätte zwar Beckett auch sonst kaum noch bezwingen können, aber gut und gern noch den Australier im Kampf um Silber in Schach halten können. Der profitiere von der außerordentlichen Windkapriole, denn er lag zwar vorne und hatte die Luvmarke noch ohne Not bereits gerundet. Maximal drei Boote hätten zwischen ihm und Philipp zu liegen kommen dürfen. Nun wurden es acht. Und so muss Philipp, wohl etwas zähneknirschend, den zweiten Gesamtrang an Wearn abtreten und sich mit Bronze zufriedengeben. Zwar kein schlechter Trost, aber trotzdem nicht schön und etwas unglücklich.
Der Verlierer im Medalrace ist letztlich keiner unter‘m Schlussstrich. Ganz im Gegenteil. Der Princesa Sofia-Sieger von 2015 erklimmt das Podest und bringt immerhin die Bronzemedaille mit in seine Heimat. Auch wenn das Medalrace enttäuschend verlaufen sei, resümierte der DSV-Segler und sagte: „Ich freue mich aber über‘s gute Gesamtergebnis, das ich als Motivation für die Saison mitnehme.“
H e r z l i c h e n G l ü c k w ü n s c h, Philipp!
Seine Medaille war übrigens die einzige aller DSV-Kadersegler in den zehn olympischen Klassen. Der
DSV-Bericht lobt sein seit Jahren wohl verlässlichstes Pferd im Stall als einmal mehr den „Leistungsgaranten“.
Die Medaillengewinner der 1. Weltcup-Runde in Palma de Mallorca: 1. Michael Beckett (England), 2. Matt Wearn (Australien) und 3. Philipp Buhl (Deutschland). Herzlichen Glückwunsch!
Weitere Ergebnisse: 4. Thomas Saunders (Neuseeland), 5. Finn Lynch (Irland, 6. Elliot Hanson (England), 7. Philip Jurisic (Kroatien), 8. Tonci Stipanovic (Kroatien), 9. Pavlos Kontides (Zypern), 10. Ryan Lo (Singapur), 42. Nico Naujock (Deutschland). Der einzige von drei weiteren Deutschen, der (außer Philipp) die Goldfleet-Qualifikation bestanden hat - prima. Philipps Trainingspartner Nik Aaron Willim konnte umständehalber nicht teilnehmen.
Ergebnisse ...
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